20 Jahre
"bei mir"
Helge und Annas Kneipe
in Köln-Süd im Eifel-Eck
6. September 2008

post scriptum (neu)

Nach dem Katastrophen-Jahr 2007, mit Virginia gen Waterkant, im Februar, Arno gen Balkan, irgendwann im Sommer, Jörg gen Jazz und Burkhard gen Existenzsicherung, im November, hieß es für Just In Time: „Zurück auf Anfang“. 

Der Bitte, sich zu uns zu gesellen, folgte zunächst der trommelnde Basser Peter, dann der Gitarrist Constantin und schließlich der Sänger Frank. Mit ihm war eine erneu(er)te Rumpfbande komplett und die Aneignung des Repertoires konnte beginnen. 

Als Helge, unser Leib-und-Magen-Wirt in Köln-Süd, fragte, ob wir Lust hätten, bei seinem 20sten Kneipen-Jubiläum im „bei mir“ zu spielen, und wir Lust hatten, kannten wir das Datum des ersten Gigs der Neuen Neuen Just In Time. 

Wie es diesem Anlass – laut Kennern der Szene –  nicht angemessener, alias chaotischer hätte ablaufen können, resignierte Constantin zunächst sechs Wochen vorher aus familiären Gründen, wollte dann aber auf mein Bitten doch noch bis zum Gig durchhalten. Zwei Wochen später allerdings – das endgültige Aus! Es ging nicht mehr! 

Panikanruf bei Burkhard: Er kann nicht, hat selber einen Termin; bei HP, Humboldt-Kollege und seit einiger Zeit „Special Guest“ bei JIT, Horst-Peter: „OK, aber wie kann ich, als 12-Saiter, Euch bei Eurem Repertoire helfen? – Egal ich versuch’s. Ich muss allerdings früh ins Bett, da ich am Sonntagmorgen nach dem Gig bereits seit langem beim Kölner 15,8- Kilometer- DKV- Brückenlauf 2008 gemeldet bin“. 

Die Überraschung von Peter: „Ich habe Jörg, den Gitarristen in meiner zweiten (ersten?!) Band gefragt, und der war auf Anhieb bereit, zu helfen." Und noch eine positive Überraschung: Am Wochenende ist Burkhard am Telefon: „Ich könnte jetzt doch am Sechsten. Wenn Ihr wollt, bin ich mit der Gitarre und mit „The Passenger“ am Gesang dabei.“ Wunderbar, so kann sich HP in aller Ruhe und voll auf seinen Brückenlauf vorbereiten.

Also, wenn wer mit derart Unvorhergesehenem umgehen kann, dann...
Playliste erweitert... 

...und erneut eine flockige Wendung: Matthias van den Berg - genannt Matze und Schauspieler in Tatorten und diversesten Filmen; Spezialität: Deftige Villon-Vorträge (Klaus Kinski lässt grüßen; Siehe auch seine Homepage) - und Helge möchten mit einem bereits früher eingespielten Sketch den Gig „stören“: Show down à la High Noon mit Kung Fu Fighting- Ausgang.

Was bedeutet: Frank „müsste“ den Westernklassiker „Don’t Forsake Me Oh My Darling“ aus „High Noon“ zumindestens ansingen, Peter entsprechend dazu trommeln; danach würde dann Uwe „Kung Fu Fighting“ von der CD einspielen und Helge die Kugeln auffangen, und... Na ja, also Frank meint, nach „Riders On The Storm“ wäre der richtige Zeitpunkt für diese „Störung“ – er sollte Recht behalten. Und – eine Stelle für Burkhards „The Passenger“ war damit auch im Anschluss an diesen Sketch gefunden. Sitzt, passt, wackelt... 

Um den Bericht aus der Anstalt vollständig zu machen: Udo, „bei mir“-Urgestein hinter dem Tresen und der letzte Wikinger zwischen dem Glen Coe und Köln-Süd (siehe JIT- Schottland- Gig), hatte schon länger - eigentlich sogar fast stilbrechend frühzeitig - angekündigt, eine Überraschung für Helge auf die Kneipe dichten und diese dann auf Helges Lieblingslied von The Troggs, „Wild Thing,“ singender Weise vortragen zu wollen. Nach einem einzigen, in stoischer Annäherung hektischen Versuch mit der Band sowie einer verpennten Generalprobe („Ich hab mich nur kurz hingelegt, und als ich wach wurde war’s halb zehn!“) wurde sein Lied als Opener des Auftritts dennoch, oder gerade deswegen(?!) der „Renner“ bei den eingefleischten „bei mir“-Veteranen. Doch dazu später. 

Generalprobe zwei Wochen vor dem Auftritt, da Rüdiger eksaktemang in der Woche davor auf ‚Studienfahrt’ und Kafka-Suche im schönen Prag weilen musste (durfte - alle anderen Humboldt-Kollegen bereiteten in einer heiß geliebten Projektwoche die Feierlichkeiten zum 175jährigen Bestehen der Schule vor). Letzte Probe also notgedrungen mit ohne Taster. 

Dafür aber mit der noch vor gut zwei Wochen nicht für möglich gehaltenen, jetzt um so beruhigenderen Gewissheit, Jörg und Burkhard harmonieren prächtig; Jörg, der alle Stücke in nicht einmal drei Wochen eingeübt hat und Burkhard, der sie ja bis vor einem Jahr noch alle drauf hatte, aber nichts verlernt hat, ganz im Gegenteil, die Rhythm-Guitar - mal akustisch, mal elektrisch - bereichert die Abteilung Klangvielfalt, und er selber scheint mir inzwischen vom Original, James Osterberg, Jr., auch als „Iggy Pop“ bekannt, fast nur noch mit Mühe unterscheidbar zu sein. Akustisch! Visuell schon noch ein wenig! 

Rüdigers Freundes Hänger wird von Uwe auf den Haken genommen und kann trotz projektwochenbedingtem (s.o.) Parkplatzmangel auf dem Humboldt- Schulgelände mit Hilfe von Hausmeister Theo Simon an einem sicheren Platz deponiert werden. Roadi Lutz ist (wie immer) rechtzeitigst, als alter Schotte, ten ante meridium am Auftrittstag vor Ort und übernimmt mit seiner Annegrets edlem Hänger-Zugpferd und steuert darüber hinaus auch noch eine platzsparende Licht-Mast-Variante bei (das „bei mir“ ist bekannter Maßen kein opulent großer Auftrittsort). 

Die Wahl dieses frühen Termins für den Beginn des Transports des Equipments zur nur ca 700 m entfernten Bühne ist Uwe zu danken, der aus langjähriger Erfahrung weiß, dass viel Zeit vor einem Gig Seelennahrung ist, besonders, aber nicht nur für den Techniker. Entsprechend entspannt erreichte die Hardware das „bei mir“ – erneut verstärkt durch die handballgestählten Muskeln von Thomas, den Rüdiger vermeintlich an seiner Stelle und in Vorleistung eines botmäßigen Schwiegersohns in spe, dann aber doch gerontologisch besonders wertvoll, mich, als unerreichten Senior der Truppe, entlastendend gewinnen konnte. Ein ganz großes Dankeschön! 

Sowohl der frühe Transport-Termin, als auch der entsprechende Zeitpunkt von Soundcheck und Konzertbeginn sollten einen wichtigen Anteil am verdient glücklichen Verlauf des Jubiläums-Tages für Helge und Anna haben. 

Tonprobe mit Knaubelen – wie der Kölner säät, mit Knubbeln, Knoten, Bröckchen... – vor allem eine unerklärbare scharfe Zugabe zum Basston nervt den Gesang über in-ear. Ob es Tom Scholz’s (Boston) Bass-Sound-Verschönerer war, ich bezweifle es; ob es Hoch-Volt in Hoch-Ohm-Inkopatibilitäten waren, ebenso. Irgendwie ging’s dann aber doch:

Zum ersten Mal Just In Time auf der von Just In Time unter Opferung eines linken Basser- Zeigefinger- Nagels erbauten Bühne. Ein gutes Gefühl (der Nagel ist wieder da - wie neu) - da kann ja nichts mehr schief gehen.

Für die Band: Treffpunkt 20 Uhr. Elke ratzt im Auto, Peter geht schoppen,... Ich lasse die Zeit vorbei-rieseln und vernichte derweil die Stille(n)-Wasser-Reserven des „bei mir“. 17 Uhr – Angekündigter Beginn der Jubiläums-Fete. Nichts Aufregendes. Kaum Gäste, keine Rede des Jubilars. Niemand scheint darüber und auch sonst sonderlich erstaunt oder gar missgelaunt... 

Doch unmerklich füllt sich die Loukeischn. Helge ergreift ein Mikro und eröffnet "20 Jahre 'bei mir'". 

Plötzlich – das muss Peter Sarach sein. Bis dahin war ich insgeheim nicht so sehr begeistert: Seine CD-Werbung inklusive Einladung zu einem Blue-Shell-Konzert neben unserem „heiligen“ Schottland-Plakat. Doch dann schwang er seinen Hintern auf einen Hocker und die Bühne: „Nicht so viel Hall auf die Stimme!...“ und ich war schlagartig begeistert. DIE Stimme! Ich weiß nicht, wen ich „beleidige“, aber mir fiel spontan Jächt Köster ein. Egal, sehr viel, sehr schöne, dynamische, energische und multi-melodische Musik mit wunderschönen Harmonien. Sein Plakat neben unserem - eigentlich schon immer eine besondere Ehre - War was???

Ich empfehle seine CD:

>SARACH
Songs Of Dreamhomes And Heartache<

Bexrecords 2008. bexrec.05 SARACH LC 14857,
ist auch im "bei mir" zu haben. Elke und ich haben sie am Sonntag im Seat rauf und runter gehört. Siehe auch: Hanno Kahl @ Bexstudio, Aventuras, Cadenheads & Nowottnyart.

Hoffentlich können wir mit unserer Hardware-Hochrüstung gegen diesen tollen musikalischen Jäger und Sammler an Stimmband und Gitarrensaite auch nur einigermaßen vor den Ohren der Gäste bestehen. Aber, ist ja noch etwas Zeit, Abstand, der den direkten Vergleich mit einer Freizeit-Cover-Band gnädig vernebelt(?!). 

Udo kommt – mit der Erklärung für die verratzte letzte Probe (s.o.). Machen wir’s dennoch? Na klar. Schon ist 20 Uhr, alle JIT-Mannen und Frau sind an Bord und schwupp, 5 Minuten bis Halb. Es geht los. Der Kneipenraum füllt sich, und Udo lässt sein "Wild-"bei-mir"-Thing" als Opener des Gigs erschallen. Die Banduntermalung gelingt mehr schlecht als recht. Scheint jedoch kaum jemanden auch nur peripher zu tangieren. Matsch Epplooas! 

Ein Helge-20-Jahre-Poster, von Elke elektronisch nach einem Foto Helenes letzten Mannes gestaltet, von dieser in den angemessenen Rahmen gebracht, wird entpackt und dem Jubilar überreicht. 

Ein guter Einstieg, der Gig läuft, der Sketch von Matze und Helge mit Ovationen für die "Kung Fu–Tänzchen" Helges. Gefolgt von Burkhards kongenialem "The Passenger" – das freute den ewig jungen, "alten Kraut-Rocker" – wenn ich mich nicht sehr irre, hihihi. 

Und nicht zum letzten Mal: Überraschung!
Myriam Chebabi, "bei mir"-Mitarbeiterin und Künstlerin rezitiert "Die Saga von Häger und Helga" alias – man glaubt es kaum: Helge und Anna. Grandios. Sie trifft mit ihrem Herz für die beiden und ihren klugen – vielleicht sogar weisen – Bildern den Kern von „Zwanzig Jahre ‚bei mir’“ womit ja nicht nur die schnöde Hardware einer, auch in dieser Hinsicht bemerkenswerten Kneipe sondern vor allem DIE MENSCHEN darin gemeint sind.
Siehe: Myriams "Saga von Häger und Helga".

Ein Hailait für alle (besonders, wie mir schien, femininen) Becker-Fääns: Elkes Sahne-Häubchen-Sax-Kanne lässt Gerry Raffertys „Baker Street“ geradewegs durch die Kneipe röhren: "bei mir" nicht an, "bei mir" AUF der Becker-Straße! Schööön. Rüdiger bändigt seinen sprichwörtlich übermächtigen Spieldrang und beschert damit „Lucky Man“ ein wahrhaft Emersonsches Outro. Die "Neuen" in der JIT-Bande, Peter und besonders Frank - immerhin seine "Jungfernfahrt" als Sänger ("A Star Is Born!", siehe auch die Bilder von Sandra Stemmler), haben sich durch die - mit "chaotisch" nur unzureichend beschriebenen - Vorbereitungen zu diesem Gig auch nicht die Bohne aus der Ruhe bringen lassen und - wie nicht nur ich meine - eine tolle Leistung hingelegt. Der Purple- „Block“ zum Schluss kommt so roaring wie noch nie – Pardon, an Einige an der Theke, denen die Ohren weggeflogen sind, ich hab’s gesehen; Aber, auch das musste einfach mal sein. Uwes bewährten Mischerhänden sind einfach irgendwie die Fader durchgegangen - sagt er.

Die speziellen Idioten, die wohl jede Kneipe wegen Ruhestörung terrorisieren (um gleichzeitig die günstigen Mieten darüber billigend in Kauf zu nehmen), die im "bei mir" aber seit dem letzten Auftritt vor einem Jahr bekannt sind, lassen uns treffsicher das Ende des Gigs kurz vor 22 Uhr erreichen. Was ich allerdings unerträglich finde, ist, dass die Ordnungsbehörde, trotz beantragter und genehmigter Live-Musik, die Anzeige eines kleinkarierten Nachkarters noch vor Ablauf dieser Frist ebenso billigend wahrnahm, um von Helge 35 Euro auf die Kralle zu kassieren. „Wenn Sie nicht zahlen, machen wir Ihnen die Bude dicht!“ Ich meine, das ist ein Skandal! 

Helge erläutert und bremst berechtigten Zorn darüber und die Unmöglichkeit, Udos "Wild- "bei-mir"- Thing" noch mal erschallen zu lassen. Udo hält dafür eine gekonnt blumige Rede zur "bei mir"-Historie. Er und Roadi Lutz schmettern a capella einige ihrer Lieder, auch in Erinnerung an den gemeinsamen Schottland- Trip mit "Just In Time" vor nun schon fast wieder drei Jahren – Äs taim gous bai, jaja! Der Mann von Myriam begeistert mit einer fantastischen Opernstimme. Einige weitere, mir nicht vorgestellte Barden wissen sehr zu gefallen... inclusive einiger exzellenter Villon-Häppchen in memoriam alter Zusammenarbeit in dieser Sache von Matze und Sarach, der nach seinem Gig in Köln-Ehrenfeld noch auf einen Tropfen vorbeigekommen war. 

Die rezessions-gemäßen Getränkepreise lassen eine allgemein ausgelassene Gestimmtheit proportional zu den individuellen Promilledaten steigen, Wahrnehmungssicherheit und emotionale Engagiertheit verhalten sich dagegen zunehmend umgekehrter proportional (wow!). Einige Worte und Glasinhalte navigieren mehr oder weniger ernsthaft treffend oder anderweitig zielsicher durch den Raum. Auf jeden Fall bewegen sie einen vielfältig aufgewühlten Jubilar Helge zu einem ebenso beeindruckenden wie nachdenklich stimmenden Auftritt zum Thema „Zwanzig Jahre Kneipiers-Leben im Dienst der Kneipen- Kultur in Köln“ mit vollem Herz und aller Leidenschaft, die ja bekanntermaßen und im Wortsinne nicht nur pausenlos Glücksgefühle zurückgibt, sondern eben auch mal heftig weh tut. 

Damit ist auch der sünner-generierte Rand meiner rekonstruierbaren Erinnerungen an diesen – wie ich finde – rund herum gelungenen Abend im "bei mir" erreicht. Ich freue mich, dass wir, Just In Time, einen Beitrag dazu leisten durften. 

Eine viel zu kurze Nacht in Uwes  Dachkammer in Zollstock... (Für alle Immies: ...Was nicht das Längen-Messgerät sondern ein Kölner Vorort ist. Und da wir gerade mal dabei sind: Immies sind immigrierte, zugewanderte Kölner, also, über mehr oder weniger lange Zeiträume betrachtet, fast alle). Rücktransport der Harten Waren ins Humboldt-Gymnasium, Sonntag um 11.05 Uhr – alle anderen warteten schon vor der Kneipe auf den Schlüssel – Ich bitte um pardon für die Verspätung, Sünner braucht halt so lange. 

Danke an Thomas, er "spielte" die wahrlich tragendste Rolle in diesem Stück – natürlich neben Chief- Roadi Lutz - dessen Standpauke wir zu Recht und demütig gesenkten Hauptes entgegen nahmen, doch bitte künftig wieder, auch bei derart kurzen Wegen, die Schutzhüllen der harten Waren zu nutzen.

Danke an Valerie, die der Canon die richtigen Tips gab, die wichtigsten Augenblicke dieses Jubiläums- Abends festzuhalten – siehe: Die Bilder!

Dank an Burkhard, ein wahrhafter Profi mit großem Herz für Dilettanten und Amateure.

Dank an Jörg Biegus, Deine spontane Hilfe an der Klampfe war einmalig.

Grüße an Jörg Burghoff, den JIT-Mitarbeiter an den Trommeln vieler Jahre. Alles, alles Gute im engen Kreis Deiner Lieben. Es war schön, Dich mal wieder zu sehen. 

Wenn’s nach mir geht, sehen wir uns gerne und alle (mit Ausnahme von ein bis zwei gefühlten Stinkstiefeln beiderlei-!- Geschlechts) bei

"25 Jahre 'bei mir',
am Samstag, 7. September
2013"

gesund und mit gleicher Laune wieder!

Vielleicht auch mit Elkes Lese- Brille und einer Percussions- Birne, die wohl versehentlich in falsche Taschen gerieten.

Euer Karlheinz,
der dann 68 mal um die Sonne geflogen sein wird.

p.s.:

Wie jedes gute Stück kehrt auch dieser Teil der JIT-Geschichte zum Anfang zurück: Das "Personal- Seuchen- Jahr 2007" findet seinen A-B-A- Schluss in der ersten Probe nach dem Gig, zu der Elke zu ihrem nach- geburtstäglichen Umtrunk einlud, worauf Peter dankend verkündete, fortan nur noch den Bass in seiner Karnevalskapelle zupfen zu wollen. Diese Stil- Variante ist wohl ebenso treffend als prosaische Schlichtheit benannt, wie die Bemerkung Franks zutrifft, dass die Halbwertszeiten des Personals offenbar kürzer werden?!

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