Martha Florack
geb. Hoffmann
* 25.8.1927 Köln-Nippes
† 20.6.2010 Heisterberg

Elke und Karlheinz Damerow

Die Trauerfeier findet statt
am Dienstag, 29. Juni 2010,
15 Uhr, in der Trauerhalle Rompf,
Bergstraße 1a, Willingen

Anstelle von Blumen und Kränzen bitten wir um eine Spende für das Kinder- und Jugendzentrum Köln-Zollstock, SpK Köln/Bonn, BLZ 370 501 98, Ktnr: 785 29 57; Verwendungszweck: Zollstock Eichi 22/05 Spende 

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Zu Bildern
von Martha,
ihrer Ruhestätte und der
Beisetzung ihrer Urne im Friedwald Herborn


Folgende

Trauerrede

wurde gehalten in der Trauerhalle Rompf, in Willingen an der Fuchskaute, Dienstag, 29. Juni 2010, 15 Uhr


Frau Florack wurde als Martha Hoffmann am 25.8.1927 in Köln- Nippes als Tochter des Ehepaares Hoffmann geboren. Sie hat eine Schwester – Anneliese. 

Deutschland stand noch unter den Nachwirkung des Ersten Weltkrieges, und da die Eltern eine eigene Kohlehandlung besaßen, wuchs Martha Hoffmann mit viel Verantwortung und auch großen Erwartungen seitens ihrer Eltern auf. Schon als Kind wurde sie losgeschickt, Geld der säumigen Kunden einzuholen.

Dann kamen die Jahre des Umschwungs, der Zweite Weltkrieg brach aus. Sie wurde hineingeboren in eine unstete Zeit voller Aufregungen und Umbrüchen, und auf ihr lastete ein sehr großer Druck, den Anforderungen eben jener Generation und besonders ihrer Familie als „Unternehmertochter“ gerecht zu werden. 

Eine Zeit lang ging sie auf eine Aufbauschule für höhere Töchter. Ihr großer Wunsch war es, Lehrerin zu werden. Doch der Krieg und die folgenden Jahre, in welchen jede Hand zur Arbeit gebraucht wurde, vereitelte jede Möglichkeit, sich weiter zu bilden. Während des Krieges kam sie im Zuge der Kinderlandverschickung nach Bitterfeld, wo sie die Aufbauschule abschloss. 

Ihre Generation war geprägt von der schrecklichen Kriegszeit, von Entbehrungen und großem körperlichen Einsatz bei den Aufräumungsarbeiten nach Ende des Krieges. Für Martha Hoffmann war dies eine so sehr prägende Zeit, dass sie zeitlebens nie ganz eine gewisse Bitterkeit verlor, welche ihr so manches Schöne verdeckte. Sie konnte nicht annehmen, was die Zeit, die Generation, ihr an Möglichkeiten geraubt hatte, es war eine ganze Kette an Wünschen und Träumen.

Zunächst arbeitete sie bei den Amerikanern als Dolmetscherin in Nürnberg und dann in Köln beim Fernmeldeamt. Beim Finanzamt war sie dann bis 1987 angestellt. 

Zurück in Köln lernte sie ihren späteren Mann Herbert Florack kennen. Zwischen ihr und ihm gab es einige Unterschiede, standesgemäß und auch in Betracht auf Ausblick aufs Leben allgemein. Dennoch fand am 13. April 1951 die standesamtliche Trauung statt, und wurde am 23. September Tochter Elke geboren. An einem Tag im Oktober fand man dann zusammen zu Elkes Taufe, der Taufe von Vater Herbert und schließlich der kirchlichen Hochzeit der Eltern und Eheleute Herbert und Martha Florack. 

Trotz vieler Arbeit gab es jeden Sonntag schöne Spaziergänge, und auch wenn Martha Florack stets berufstätig war, so wuchs ihre Tochter behütet in einer großen Familie auf. Im selben Haus wohnten die Großeltern und Mutter von Martha Florack, so gab es immer eine Bezugsperson. Abends saß man gemeinsam in einem Zimmer, erzählte und handarbeitete. Da Alles in Schutt und Asche lag, war die ganze Familie zusammengerückt, um einander zu helfen. 

Martha Floracks großes Hobby begann damals, sie war eine leidenschaftliche Stickerin und fertigte sehr schöne Sachen an, bis zuletzt arbeitete sie noch mit einer Lupe, vor dem laufenden Fernseher sitzend, an ihren Stickarbeiten. 

Seit den 50er Jahren fuhr die Familie Florack an den Heisterberger Weiher, liebte die Natur, die Ruhe und gute Luft hier im Westerwald als Ausgleich zum städtischen Leben. 1976 baute das Ehepaar ihr Haus in Heisterberg und zog 1987 nach der Pensionierung Beider hier her in den Westerwald, wo sie sich sehr wohlfühlten. 

Doch das Schicksal meinte es nicht gut, Ehemann Herbert starb schon 1989 an Krebs und ließ Martha Florack verbittert zurück. Auch wenn sie wieder zurück in das Leben fand, hat sie den frühen Tod ihres Mannes nie verwunden. Ihr Trost war es, dass Tochter Elke und Schwiegersohn Karlheinz in den 80ern ebenfalls in Heisterberg ein Haus gekauft hatten und oft am Wochenende und im Urlaub hier waren. 

Martha Florack war Mitglied bei den Driedorfer Landfrauen und brachte sich dort sehr ein, mit Reden und Ansprachen, zu welchen sie großes Talent aufwies, mit allen möglichen Arbeiten, die nötig waren. So hatte sie recht gute Kontakte, auch wenn ihr manches Mal vielleicht der Trubel der früheren Jahre fehlte – wie gerne hatte sie immer am Karneval in Köln teilgenommen. 

Als Tochter und Schwiegersohn und sie selbst merkten, dass ihr das Alleinsein im großen Haus nicht gut tat, verkaufte sie es und zog 2001 in das Haus ihrer Kinder, so war Allen geholfen – Martha Florack hütete das Haus und den Garten, kochte gelegentlich, wenn die Kinder zu Besuch kamen. Sie war ein sehr rationaler Mensch, der die Gefühle gut verbergen konnte. Sie wollte nie jemandem zur Last fallen. Sie war sehr mitfühlend, sehr für Toleranz.

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Die folgende Stelle zitierte Martha Florack gerne:

Aus „DES TEUFELS GENERAL
von CARL ZUCKMAYER 

HARRAS, Generalluftzeugmeister
HARTMANN, Leutnant im Kampfgeschwader Eilers 

HARRAS: Was 'n mit Ihnen los?

HARTMANN: Es ist aus, Herr General. Wir werden uns nicht verloben.

HARRAS: Ach! Warum nicht?

HARTMANN: ...Eine meiner Urgroßmütter scheint aus dem Ausland gekommen zu sein.

HARRAS: Ach da sind Se wohl nich janz arisch. Was?
HARTMANN: Man hat das oft in rheinischen Familien. Jedenfalls sind die Papiere nicht aufzufinden.

HARRAS: Naja. Dann begreif ich natürlich Fräulein Morungen. Dann sind Sie ja 'n Mensch zweiter Ordnung. Da könn' Se ja keene Parteikarriere machen.

HARTMANN: Nein, Herr General.

HARRAS: Schrecklich. Diese alten verpanschten rheinischen Familien! ... (lacht vor sich hin) 

Stell'n Se sich doch bloß mal ihre womögliche Ahnenreihe vor: 

Da war ein römischer Feldherr, schwarzer Kerl, der hat einem blonden Mädchen Latein beigebracht.

Dann kam 'n jüdischer Gewürzhändler in die Familie. Das war 'n ernster Mensch. Der 's schon vor der Heirat Christ geworden und hat die katholische Haustradition begründet.

Dann kam 'n griechischer Arzt dazu,
'n keltischer Legionär,
'n Graubündner Landsknecht,
ein schwedischer Reiter... und
ein französischer Schauspieler.
Ein... böhmischer Musikant. 

Und das alles hat am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen, gesungen und...

Kinder jezeugt. Hm? 

Und der Goethe, der kam aus dem selben Topf,
und der Beethoven,
und der Gutenberg,
und der... Matthias Grünewald.
Und so weiter, und so weiter... . 

Das war'n die besten, mein Lieber.
Vom Rhein sein, das heißt: Vom Abendland.
Das ist natürlicher Adel.

DAS is Rasse. 

Sei'n Sie stolz drauf, Leutnant Hartmann, und hängen Sie die Papiere Ihrer Großmutter auf den Abtritt!...“

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Diese Stelle verband Martha Florack mit Fragen der menschlichen Würde, genetischer, aristokratischer oder welcher Herkunft auch immer. Für sie war es die ganz besondere rheinische Antwort auf das nordische Herrenmenschen Postulat der Nazis. Ihre Tochter ist bis heute dankbar für die Erinnerung in diese Richtung und dass ihre Eltern ihr alle Wünsche ermöglichten, wahr zu werden, was Ausbildung und Beruf betraf. 

Martha Florack konnte aber auch provozieren, Menschen herauslocken aus ihrer Passivität durch ihre eigene Art und Weise. Wer sie kannte, blieb nicht unberührt und unbeteiligt. Sie polarisierte und sie war sich dessen bewusst. 

Martha Florack liebte Kreuzfahrten, ob auf dem Fluss oder Meer, sie genoss diese Zeiten sehr. Sie bereiste mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn Mexiko und Schottland, war beeindruckt von den Menschen und den Kulturen dort. 2009 begleitete sie ihre Tochter auf einer Nilkreuzfahrt. Da wurde zum ersten Mal ihre beginnende Demenz offenbar. Die Diagnose zu Hause war dann erschreckend – die fortgeschrittene Krankheit Alzheimer. 

Nach und nach begann die Rückentwicklung, ein umgekehrtes Verhältnis Mutter – Tochter. Sie schloss sich enger an Tochter Elke an, konnte jedoch sehr renitent werden, sie hatte das Gefühl, bevormundet zu werden, auch wenn nur Hilfestellung gemeint war. Schon immer hatte sie ein Faible für Uhren aller Art gehabt, doch mit Fortschritt ihrer Krankheit wurden ihr Uhren und die Zeit immer unwichtiger. Noch immer half sie gerne im Haushalt und besonders im Garten mit, sie hatte einen ausgezeichneten Blick für das Wesentliche, sie war eine gute Mitarbeiterin.

In den letzten Monaten jedoch ging es mit ihrer Gesundheit stetig bergab. Die chronische Hepatitis hatte eine Leberzirrhose ausgelöst und seit Januar nahm sie durch Wasser-Einlagerungen immer weiter zu. So wurde ein Krankenhausaufenthalt unumgänglich. Doch schon im April entließen die Ärzte sie nach Hause, da sie nichts mehr für Martha Florack tun konnten. 

Sie war froh, zu Hause zu sein, und als ihre Tochter am Morgen des Sonntags, 20.6.2010, zu ihr in die Wohnung kam, war sie wohl zwischen drei und sechs Uhr verstorben. Ein absolut friedvoller und entspannter Gesichtsausdruck ließ sie jünger aussehen und es lag ein kleines Lächeln um ihren Mund. Für Martha Florack war es gewiss eine Gnade und Erlösung, einschlafen zu dürfen und nicht mehr zu erwachen. Viel Leid ist ihr erspart geblieben. 

Für Diejenigen, welche zurückbleiben, kommt dennoch der Abschied nie zur rechten Zeit, sonder immer viel zu früh. Mit dem Tod eines Menschen, welcher so lange Wegbegleiter war, schließt sich eine Türe und ein Kapitel, auch im eigenen Leben, und es scheint, als ob es für einen Moment ganz still stehen bleibt. 

So gilt es, an einem Tag des Abschiedes wie diesem, zu reflektieren was war, es gilt zu vergeben und um Vergebung zu bitten, wo dies nötig scheint. Doch vor allem gilt es, das Gute dieses Menschen fest im Herzen zu bewahren. Es ist ein kleiner Trost, dass Martha Florack nun den Frieden hat... Ein kleiner guter Trost... 

Ein schlechter Trost ist es jedoch, wenn der Tod sich entschuldigt mit der Last der Notwendigkeit und der unerbittlichen Gerechtigkeit seines Erscheinens. Der Tod ist für uns umso schrecklicher weil er keine Ausnahme macht. Er nimmt, egal wie sehr wir wünschen, dass es gerade in diesem Fall eines von uns geliebten Menschen eine Ausnahme geben müsse. 

Eine Person, die wir lieben, ist für uns absolut einzigartig, und nichts ist schlimmer, als die Gleichheit und Gleichgültigkeit des Todes. Es gibt keinen Frieden auf  Erden zwischen Leben und Tod, und wenn er auch nötig ist in der Ordnung der Welt, so ist er doch ein Skandal der Ordnung in unseren Herzen. 

Wir mögen allen gleichgültig und nebensächlich sein, aber im Leben eines Menschen, der uns liebt, sind wir unbedingt wesentlich und unverzichtbar. Nur durch die Liebe gewinnen wir den Mut, als Individuen zu leben. Gerade die Liebe ist es, die den Tod fast unerträglich werden lässt, doch die Liebe ist es auch die mit dem Tod versöhnt. 

Denn alleine die Liebe ahnt und hofft, dass der Körper nur eine äußere Hülle sei, das Gefäß, die Schale für ein größeres Leben. Selbst der Tod kann Menschen, die sich lieben, nicht voneinander trennen, die Zerstörung der Liebe wäre schlimmer als der Tod. Und so ist es. 

Der Tod ist nicht Ende, sondern ein Anfang, wenn auch in trauriger Gestalt. Ein Segelschiff setzt seine weißen Segel und gleitet hinaus auf das offene Meer. Dort, wo Himmel und Erde sich treffen, verschwindet es. Dort, wo Himmel und Erde sich treffen ist der Horizont, die Grenze unseres Sehens. Einer sagt, siehe, nun ist es gegangen; Ein anderer sagt, nein, siehe, es kommt.

Wenn wir um einen geliebten Menschen trauern, dann freuen sich andere, ihn hinter dieser Grenze wieder zusehen. An einem Tag des Abschieds wie diesem, hängt alles davon ab, die Liebe und die Freundschaft mit ihren Hoffnungen und Wünschen als einen Beweis der Wahrheit zu nehmen, nämlich: 

Das Leben des geliebten Menschen ist unsterblich und wir werden uns wiedersehen. Dies hoffen und glauben zu können und als kleinen Trost mitzunehmen, wünsche ich Ihnen Allen von ganzem Herzen.

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Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.

Dein Reich komme,
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel,
so auch auf Erden. 

Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern 

Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen. 

Denn Dein ist das Reich und die Kraft
Und die Herrlichkeit  - in Ewigkeit. 

AMEN


Wir danken Frau Andrea Kuhl, die diese schöne Rede verfasst und gehalten hat.


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