Bob Dylan bekam die "Medal of Freedom"

Dass der Präsident dem Mann aus Duluth, Minesota, diese Medaille verliehen hat, ist gut und richtig.


Exzerpt aus einem Artikel von KURT KISTER


Dienstag, 29. Mai 2012, im Weißen Haus.

Es ist Bob Dylan, dem Barack Obama die „Presidential Medal of Freedom“ verleiht. Man sieht es Obama an, er hat Respekt, er ist gerührt.

Obama: "Come on Bob!"

Die Medal of Freedom ist eine hoch seriöse, pathetische Angelegenheit. Obama hat sie dem Erzbischof Tutu und der schwarzen Lyrikerin Maya Angelou verliehen, aber auch gänzlich unlyrischen Leuten wie Warren Buffett oder Angela Merkel.

Die Medaille sagt: Du bist (???Du stehst für?) US-Amerika, Du bist wichtig für US-Amerika oder zumindest, es soll so aussehen, als seist Du wichtig für US-Amerika.

Bob Dylan ist (steht für) US-Amerika. Er „ist“ jenes US-Amerika, das selbst Anti-US-Amerikaner lieben. Er ist der einzig mögliche Gesandte aus einer Welt, deren Bewegung sich darin manifestiert, dass er sich seit Jahrzehnten auf seiner niemals endenden Tour befindet.

Bob Dylan „war“ schon 1964 jenes US-Amerika, in dem ein Schwarzer Präsident werden kann, das aber erst Wirklichkeit wurde, als es das 2008 mit Barack Obama tat. Lange bevor Dylan der verehrungswürdige, dünnbärtige Anderweltler mit der Rabenstimme war, hat er über den Rassismus in US-Amerika in einer Weise gesungen, die dazu beitrug, dieses Land zu verändern.

Wer dies in einem einzigen Song hören will, der höre „The Lonesome Death Of Hattie Carroll“. Spätestens dann wird er wissen, warum es gut und richtig ist, dass Obama dem Mann aus Duluth, Minesota, diese Medaille verliehen hat.

Dylan hat damit nicht nur viele "68er" bestärkt und manchen Babyboomer politisiert, zu denen auch Obama gerade noch gehört. Dylan hat da begonnen, wo Woody Guthrie endete, und er ist bis heute dort, wo noch nicht einmal Bruce Springsteen hinkommt, der ebenfalls zu den Gebenedeiten zählt.

Es gibt ja einige, die meinen, Bob Dylan sei etwas seltsam geworden, nicht nur, weil er mit der angeblich realen Welt hauptsächlich über die Zusammenstellung seiner setlists (die Stücke, in der Reihenfolge, in der sie beim jeweiligen Auftritt zum Vortrag kommen) bei den Konzerten kommuniziert. In seinem Lied, „It’s Alright, Ma (I’m Only Bleeding)“, heisst es: „Even the President of the United States sometimes must have to stand naked.“ (sogar er muss es manchmal ertragen, nackt da zu stehen)

Genau so ein Moment war es, als Obama, in einen wohlsitzenden Anzug gehüllt, Dylan die Medaille umhängte.


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Du bist Amerika

von KURT KISTER
Süddeutsche Zeitung, 31. Mai 2012


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