Bob Dylan wird 70

Auszug aus einem Artikel
von Thomas Groß
vom 24.05.2011,
auf ZEIT-ONLINE

Dylan spricht zu uns in den Zungen einer verschwindenden Welt. Bis heute, Abend für Abend, wenn der selbst ernannte song and dance man irgendwo Station macht: Alles ist bekannt, doch nichts bleibt sich gleich, weil die Dinge noch immer im Fluss sind und die alten Geschichten neu erzählt sein wollen.

Und sind seine größten Hits nicht selbst längst Traditionals, vielstimmig vererbt an Lagerfeuern, Wiegen- wie Totenlieder des Rock’n’Roll?

Dafür aber, dass das Kunststück der Weitergabe gelingt, steht niemand anderes ein als er selbst: Dylan, der Zeremonienmeister, der vor unseren staunenden Augen den Stein um und um rollt.

Sollte sich eine historische Botschaft darin verstecken, so lautet sie: Es gibt mich noch, und solange ich lebe, geht die Show weiter. Es ist das Pathos der Zeugenschaft, in dem der fortwährende Avantgardeanspruch sich erneuert.

Man sagt, mit Dylan sei der Rock’n’Roll erwachsen geworden, jetzt gilt es ein letztes Abenteuer zu bestehen: Das Altern der Pioniere mit ihrer Kultur. Noch gibt es wenig Erfahrungen damit – so how does it feel?

Dylans Beitrag zur Klärung des Sachverhalts bleibt gewohnt nullsilbig, doch er gibt eine tadellose Figur dabei ab.

Deshalb sollten wir unseren Dylan lieben und ehren, auch wenn er uns höchstens hinter vorgehaltener Maske zurückliebt.

Auf einen Zweiten seiner Art werden wir lange warten müssen.

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