Electric Lady Land Studios leben!

Ein Hendrix Schloss, in dem Musiker noch heute den Himmel küssen können

Indem es seine sagenhafte Atmosphäre ausspielt, gelingt es einem New Yorker Studio, weiterhin erfolgreich zu sein 

Von Ben Sisario

NEW YORK – Von Jimi Hendrix 1970 gegründet, waren Electric Lady Studios in ihrer Zeit etwas ganz Besonderes. An Stelle eines gewöhnlichen Studios – einer großen, unpersönlichen, von biederem Ingenieur Personal gewarteten Kiste – war es eine psychedelische Höhle, mit gebogenen Wänden, schicker vielfarbiger Beleuchtung und erotischen science-fiction Wandmalereien. Hendrix starb zwar kaum einen Monat nach seiner Eröffnung im August 1970, unter denen, die dort nach ihm gearbeitet haben, waren die Rolling Stones, Stevie Wonder und Led Zeppelin. 

Die meisten anderen Studios mit großem Namen in New York haben in den vergangenen Jahren dicht gemacht, Opfer der notleidenden Tonaufnahme Industrie oder einfach durch den Druck der Immobilien Branche, Electric Lady hat allen Widrigkeiten zum Trotz überlebt. 

Eddie Kramer, Hendrixs Lieblings Toningenieur und die stärkste Kraft bei der Entwicklung des Studios, hat eine einfache Erklärung für seine Langlebigkeit. 

„In einem Wort: Atmosphäre,“ sagt er. „Wir wollten eine Umgebung schaffen, in der sich Jimi wirklich unbeschwert und so fühlen würde, dass ihm alles gelingen könnte.“ 

An einer jüngst stattgefundenen Podiumsdiskussion nahmen Menschen teil, die einige der gefeiertsten Alben der letzten 40 Jahre aufgenommen haben, die aber der Öffentlichkeit unbekannt sind. 

Neben dem in Süd-Afrika geborenen Eddie Kramer saß Tony Platt, der 1980 AC/DCs „Back in Black“ gemixt hat; John Storyk, der Architekt und Akustiker, der das Studio entwarf; und Robert Margouleff und Malcolm Cecil, die Synthesizer Zauberer, die Stevie Wonder in den frühen 1970ern entdeckte. Auch dabei war Lenny Kaye, der Gitarrist der Patti Smith Group und Janie Hendrix, Jimis Stiefschwester. 

Die Toningenieure versuchten genau herauszuarbeiten, was an diesem Ort seine überragende Atmosphäre ausmachte. Der Geist des Studio-Gründers wurde mehr als einmal genannt, ebenso wie die Mischung aus High-tech Geräten und heiterer Stimmung. 

„Alle Studios, die Du heute siehst, wollen freundliche Orte für das Erschaffen von Kunst sein,“ sagte Mr. Margouleff mit Tränen in den Augen. „Genau das war es, was dieses Studio bewirkt hat.“

Für viele Künstler ist Electric Lady ein zweites Zuhause eworden. In der Badezimmertür im ersten Stock ist ein kleines Loch, gerade groß genug für ein Kabel, so dass Keith Richards seine Gitarre ungestört aufnehmen konnte. Für Jimi Page von Led Zeppelin gab die persönliche Segnung durch Hendrix und Mr. Kramer den Ausschlag, als die Band dort 1972 Stücke für „Houses Of The Holy“ abmischte. 

„Eddie Kramer war ein verdammt ausgezeichneter Toningenieur,“ sagte Mr. Page. „Wenn er in einem Studio arbeitete, das Hendrixs Namen trug, dann würde er dafür garantieren, dass es ein guter Ort mit guter Akustik sein würde, in dem Musiker gerne spielen wollten.“ 

Der Grundgedanke beim Entwurf von Electric Lady ist heute Allgemeingut. 

Mr. Storyk sagte, dass Hendrixs Vorstellungen, einschließlich Stimmungsbeleuchtung und Kontrollräumen, die groß genug waren, so dass Künstler und Ingenieure eng zusammenarbeiten konnten, den Weg für aufwendige Konstruktionen frei gemacht haben. 

Ursprünglich waren für das Studio 125.000 $ veranschlagt, am Ende kostete es aber etwa eine Million, sagte Mr. Storyk, der den Arbeitsplatz bei Electric Lady mit 22 bekam und später weltweit Studios entworfen hat. 

„Es war das erstemal, dass ein Künstler ein Studio baute,“ sagte Mr. Storyk. „Das geschah dann noch ein paar Mal weltweit, aber keins war berühmter als das hier mit Jimi. 

Dennoch, wie die meisten Studios hatte auch Electric Lady unter dem technologischen Fortschritt zu leiden, der es jedem erlaubte, billige und einigermaßen qualitativ hochwertige Aufnahmen zuhause zu machen. In den frühen 2000ern wäre es beinahe geschlossen worden, aber nach einer Renovierung und einem Wechsel in der Geschäftsleitung ist es nun wieder erfolgreich. 

In jüngster Zeit wurde es gebucht von Eric Clapton, Coldplay, Rihanna, The Strokes und Sheryl Crow. 

Was Mr. Kramer betrifft, er war erst kürzlich wieder zurück in Studio A, um ein neues Jimi Hendrix Album zu mischen, wie er sagte, und er wirkte dabei begeistert.

Deutsch von Karlheinz Damerow


Wer den Originalartikel lesen möchte, gehe zu:

A Hendrix Castle Where Musicians Can Still Kiss the Sky
Playing off its fabled vibe, a New York music studio continues to thrive.
By BEN SISARIO,
The New York Times
,
Articles selected for
Süddeutsche Zeitung,
Monday, September 6. 2010


nach oben