Matthew Herbert: Popmusik düdelt vor sich hin und ignoriert die Welt

Das Göttliche ist was für Schnösel

Der britische Produzent, Bandleader und DJ Matthew Herbert veröffentlicht auch Provokantes (Hausmarke: Sozialkritisches Sampling) wie den akustischen Lebenszyklus eines Hausschweins von der Weide über den Metzger bis auf den Teller. In der Reihe "Recomposed" der Deutschen Grammophon hat er Mahlers Unvollendete 10. Symphonie bearbeitet.

Exzerpt eines Interviews von Felix Denk

Was mich an der klassischen Musik stört, ist dass man sehr schnell auf Begriffskaliber stößt. Da geht es immer um das Erhabene, das Göttliche, das Ultimative. Das finde ich schnöselig und elitär (?! wäre das denn schon schlimm?). Klassische Musik ist wahnsinnig konservativ. Da wird kaum versucht, neue Orte und neues Publikum zu finden. Die bleiben in ihren subventionierten Tempeln. Und die Tickets sind so teuer, dass es sich viele nicht leisten können. Deshalb wird klassische Musik ja auch kaum von jungen Leuten gehört.

Ich finde die Popmusik aber auch furchtbar konservativ, besonders die elektronische. Wenn ich sehe, wie Lady Gaga und Beyonce in ihrem Video "Telephone" die ganze Zeit in Bikinis herumspringen, dann ist das total sexistisch. Das Video ist eine einzige Werbekampagne für Mobiltelefone ("Häändies"). Das ist kapitalistisch. Und die Musik ist fürchterlich. Vor 30 Jahren hätte man darüber total geschimpft, heute will man darin irgendeinen ironischen Dreh erkennen.

Aber die Popmusik ignoriert die Welt. Wenn man die Top 20 der wichtigsten Popsongs des letzten Jahrzehnts nimmt und sie den 20 wichtigsten Nachrichten gegenüberstellt, dann findet man da überhaupt keine thematische Übereinstimmung. Popmusik düdelt heute so fröhlich vor sich hin und ist so weit weg von allem, was relevant ist.


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Das Göttliche ist was für Schnösel
Was macht ein Radio im Sarg? Der Discjockey Matthew Herbert über seine Version der Unvollendeten von Mahler
Interview von Felix Denk
Süddeutsche Zeitung, 2010-06-01


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