Die krachende Lady
Der Schöpfer der E-Gitarre von Gibson, Lester William Polsfuss, genannt Les Paul, ist im Alter von 94 Jahren gestorben

Elektrische Gitarren sind nicht nur Musikinstrumente sondern auch Zwerch- und Trommelfelle angreifende Waffen, meint Frank Olbert. Weil die Gibson Les Paul diese Eigenschaft aber rein äußerlich eleganter verleugnet als etwa die eher rustikalen Konkurrenten von Fender, gilt sie auch als die Lady unter den Strom-Gitarren.

Wenn sich Pete Townshend am Ende seiner Konzerte brachial von ihr trennte, dann wurde das deshalb wohl in Gibson-Fan-Kreisen eher als unfeiner sexistischer Akt, denn als theatralischer Ausdruck berechtigter Notwehr gegen den zweitbesten Angriff auf sein Hörvermögen angesehen. Gegen den erstbesten konnte er sich nicht in gleicher Weise wehren: Die Marotte  seines verrückten Schlagzeugers Keith Moon, der sein Arbeitsgerät regelmäßig mittels Dynamit zerlegte, brachte ihm ein Knalltrauma auf einem Ohr bei.

Les Paul zerlegte dagegen Radios und Plattenspieler, baute sie aber weit weniger körperverletzend wieder zusammen und experimentierte so mit Verstärkersystemen und Tonabnehmern, um die Elektrik der Gitarren aus den 30er und 40er Jahren zu optimieren. Er erkannte, dass der Resonanzkörper der akustischen Gitarre dabei nur störte.

Der Solidbody-Korpus der Gibson erinnert mit seiner runden oberen Zarge denn auch an akustische Gitarren, ist aber viel zierlicher und schlanker, was Maurice Berlin - 1946 Präsident der Firma Gibson - veranlasste, die Kreation Les Pauls als "Besenstil mit Tonabnehmer" zu bezeichnen und mit dieser Begründung zunächst nicht bauen zu lassen.

Les Pauls Bestreben, Funktion und Design zu verbinden, resultierte schließlich in der bis heute unverändert schlichten Schönheit seiner Gibson Les Paul, die er dann doch in den 50er Jahren auf den Mark brachte.

Soundschleudern in Pfeilform, Streitäxte für Verstärker-Armeen und ähnliche optische Geschmacklosigkeiten überließ er anderen. Die Les Paul hat die Gewalt, die "Lizenz zum Krachen", ohne aussehen zu müssen wie eine peinliche Bodybuilderin.

Gemeinsam mit Jimmy Page bewies sie dies bei Led Zeppelin Konzerten; Ebenso mit dem jungen Eric Clapton und mit vielen Blues- und Jazzgrößen in den 50er Jahren.

Der nicht gerade krachverdächtige Plektron-Verächter und Mitbegründer der Dire Straits, Mark Knopfler, entlockte einer Les Paul das treibende, verzerrte Riff von „Money For Nothing“ ebenso wie Neil Young die irrwitzigen Rückkoppelungs-Gewitter auf „Weld“.

Die Tatsache, dass die fragile Lady mächtig losheulen, zickig schrill und aufgekratzt sein kann, machte sie denn auch für manchen „wilden Mann“ wie Slash von Gun's Roses oder Ace Frehley von Kiss attraktiv.

In den Händen von George Harrison dagegen zeigte sie in „While My Guitar Gently Weeps“, wie sie selber ist:

Eine betörend säuselnd, seufzend, in ungeahnte Höhen und wieder zurück sanft singende, mit viel Handarbeit aus Ahorn und Mahagoni in der Gibson-Fabrik in Nashville, Tennessee, zusammengeleimte Gibson Les Paul, DIE Antwort auf die Stilfrage des Rock’n’Roll. 

Exzerpt von Uwe


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Die Lady wird laut
Eine Hommage an die Strom-Gitarre Gibson Les Paul
Der Erfinder des Instruments, Les Paul, starb im Alter von 94 Jahren
Von Frank Olbert,
Kölner Stadt-Anzeiger, 2009-08-15


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Siehe auch "in memoriam"

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