Das Dilemma heutiger Jugendkultur ist nicht die eigene, natürliche Regellosigkeit der Jugend,
die erwachsene Gesellschaft traut sich nicht mehr, Regeln zu setzen!

Kann es sein, dass "Kool Savas" ein überzeugterer Jugendschützer ist, als dieses Podium?

 "Liebeslieder waren gestern: Zur Jugendschutz-Problematik von Porno- und Gangsterrap", Konferenz der "Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten" (KJM), München, 2009-05-11. 

Klaus Farin (Autor und Leiter des Archivs der Jugendkulturen, Berlin) berichtet, dass  die Kernhörerschaft des deutschsprachigen Brachialraps mittlerweile aus Acht- bis Neunjährigen besteht... 

Für Prof. Dr. Paula-Irene Villa (Gender(1)-Forscherin, Fakultät für Soziologie, Ludwig-Maximilians-Universität) sind die plumpen Sexphantasien einer Lady Bitch Ray („Vagina Style Records“) „ein erfolgreiches Beispiel für die Ermächtigung von Frauen“, das verstöre, weil die Protagonistin promovierte Migrantin sei. „Porno- und Gangsterrap sind angemessene Artikulationen von jungen Menschen in harten, durchökonomisierten Zeiten." Verbote?... reine Beschwichtigungsmaßnahmen für Erwachsene... 

Diplom Psychologe Laszlo Pota (Vizepräsident des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen) erinnert an Van Morrison und Mick Jagger: „Schon immer waren bestimmte Rituale, Mythen und Protest Initiationsmerkmale des Wechsels vom Jugend- ins Erwachsenenalter. War das nicht 1968 auch schon so?"

Ja, was denn? So gefährlich, so wild? Jedenfalls so regellos. Dass man Menschen, die Sex- und Gewaltorgien für Achtjährige frei zugänglich ins Internet stellen, strafrechtlich belangen könnte, wenn man wollte, das sagte hier keiner... 

Moderatorin Verena Weigand (Leiterin der KJM-Stabsstelle, München) zitiert den Gangsterrapper, Kool Savas, [mehr], der 2005 sinngemäß davor warnte, Frauen ständig als „Nutten“ zu bezeichnen. Dadurch würden „die Kids asozial“. „Kann es sein, dass Kool Savas ein überzeugterer Jugendschützer ist, als dieses Podium?“... 

Ein älterer Herr aus dem Publikum („gehöre zur Lehrerzunft“) warnte: Eine durch nichts gebändigte Medienfreiheit macht letztlich alle hilflos. Wenn Lehrer in der Klasse Fäkalsprache, wie sie im Prekariatsrap üblich ist, an den Kopf geknallt bekämen, ist das kein Ausdruck von Jugendkultur, sondern ein Verstoß gegen die Menschenwürde.... 

Vielleicht stimmt die Parallele zum antiautoritären Aufbruch von ’68 am Ende doch. Das Dilemma der heutigen Jugendkultur wäre dann allerdings nicht ihre eigene, natürliche Regellosigkeit, sondern eine erwachsene Gesellschaft, die sich nicht mehr traut, Regeln zu setzen.

Exzerpt von Karlheinz


Wer den vollständigen Artikel lesen will, gehe auf:
War das nicht 1968 auch schon so?
Kinderschutz in Medien: Alle fordern, aber bloß keine Regeln
Von Marc Felix Serrao
SZ, 2009-05-26

- zur Seite des KJM: [mehr]

(1) Gender - Geschlechts-Rolle und -Identität


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