Das Internet-Recht ist dringend entwicklungswürdig!

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Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung

Wir haben auf unserer Seite die 346 x 216 Pixel große digitale Kopie eines Bildes eingestellt. Das entspricht einer Datei von ca 40 Kilo-Bites. Der Autor dieser Abbildung besitzt die Rechte daran, vermutlich in Form eines 2,4 x 3,6 cm großen s/w Kleinbild-Negativs, was einer Datei von ca. 16 Mega-Bites entspricht. Die Datei, die dieses Negativ darstellt, ist also 400fach größer als die digitale Kopie, die wir genutzt haben. Eine kaufwürdige Ausfertigung eines Abzuges davon, z.B. ein Positiv der Größe 24 x 36 cm, ist entsprechend noch einmal 100mal größer.

Erst in dieser Form ist das urheberrechtliche Eigentum des Autors eine für ihn allen Ernstes handelbare, verkaufbare Ware – Denkt klein Karlheinzchen!

Deutsche Gesetzesmacher halten aber bereits den vierzig-tausendsten Teil davon für eine schützenswerte und ernsthaft handelbare Ware. Nicht nur das, sie halten eine Leihgebühr von 1 Euro pro Tag für diese jämmerliche Promille-Kopie für angemessen (360 Euro pro Jahr Lizenzgebühr, die dieser Autor für deren Nutzung auf einer nicht-kommerziellen Seite offenbar verlangen darf!!! Bei Nichtnennung des Autors ist sogar noch ein 100%iger Aufschlag im Einklang mit Deutschem Internet-Urheberrecht!!!)

Die Höhe des Strafgeldes für eine ungenehmigte Nutzung bemisst sich angeblich an dem, was der Autor für seine Arbeit erzielen könnte.

Warum werden da eigentlich nicht alle geldgeilen Bänker Fotografen? Oder Anwälte?

Einer dieser Anwälte ließ sich nämlich von „unserem“ Rechteinhaber beauftragen, sowohl dessen Lizenzgebühren mit 100%igem Aufschlag wg. Nichtnennung seines Namens unter Androhung gerichtlicher Folgerungen bei uns einzutreiben, als auch selbstverständlich uns - wen sonst - zur Übernahme seiner dadurch verursachten Anwaltskosten zu „überreden“ (leicht berechenbar, bei einem „üblichen“ Anwalts-Stundenlohn von 140 Euro und einem „außergewöhnlichen“ Arbeitsaufwand von drei Stunden in dieser Sache = drei Klicks auf unserer Seite).

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In unserem Impressum steht an prominenter Stelle die Bitte:

...Solltest Du Irrtümer entdecken oder Rechte an irgendwelchen Materialien auf dieser Seite besitzen, dann informiere uns bitte, wir werden uns darum kümmern...

Bei der bestehenden Gesetzeslage in Deutschland hat diese Bitte - wohl höchstens auf weiches Papier gedruckt - den einmaligen Gebrauchswert einer kleinen Toilettenhygiene.

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Siehe auch:

14. Oktober 2008
Das Landgericht Hamburg (ei, sieh mal da!) hat entschieden:

Google-Bildersuche verstößt gegen deutsches Urheberrecht

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Die Story:

Per Einschreiben vom 26. 01. 2009 wurde uns am 29.01.2009 ein Schreiben eines Anwalts zugestellt. Gegenstand seiner "Bemühungen":

Auf unserer Band-Seite

IN MEMORIAM

an DIE, DIE vor uns hier waren ...

befanden sich viele andere und auch eine Bilddatei.

Der Autor des Originalbildes genau dieser Bilddatei hat den o.g. Anwalt beauftragt, für seine Rechte tätig zuwerden. Der fordert für eine außergerichtliche Beilegung des Streitverhältnisses die Erfüllung folgender Bedingungen:

Entfernung der Bilddatei von der Internetseite, Rücksendung einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, Übernahme der Anweltskosten, Schadenersatz für dem Fotografen entgangene Lizenzgebühren zuzüglich eines Aufschlags für die fehlende Nennung seines Namens, Summa summarum: Mehr als achthundert Euro. Bei Nichterfüllung droht eine Klage vor Gericht.

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Bis zur Klärung dieser Angelegenheit bleiben die Teile der Bandseite, die Material für weitere anwaltlich und richterlich sekundierte Wegelagerer bieten könnten, abgeschaltet.

Sollte jeder "Rechteinhaber" von Dateien (Abbildungen o.ä.) irgendwo im Internet, welcher Art und Qualität auch immer, nach gültiger Deutschen Rechtsauslegung, solche Forderungen gegen uns durchsetzen können/dürfen, dann müssten wir Privatinsolvenz anmelden.

Heisterberg, 29. Januar 2009

Elke und Karlheinz Damerow,

die viel Zeit, Geld und Enthusiasmus in diese Seite investier(t)en, um anderen Menschen Gelegenheit zu geben, sich ähnlich wie sie an Texten und Bildern geschätzter Wort- und Ton-Dichter unserer Zeit zu erfreuen - bestimmt nicht, um notleidenden Anwälten, Fotografen und ähnlichen "Künstlern" den ungebremsten Zugriff auf ihr Vermögen zu erlauben.

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Unsere Mail vom 2. Februar 2009 an den Anwalt:

In Anerkennung der nicht leugbaren widerrechtlichen Nutzung des Bildes Ihres Mandanten auf unserer Freizeit-Band-Seite bitten wir Sie höflichst, die Höhe Ihrer Forderungen unter Berücksichtigung folgender Fragen noch einmal zu überprüfen. 

1 - Abmahngebühren

http://dejure.org/gesetze/UrhG/97a.html 

http://www.finanztip.de/recht/online/abmahngebuehren-begrenzung.htm 

Nach dem Gesetz zum Schutz des geistigen Eigentums (gültig für Urheberrechtsverletzungen, die ab dem 1. September 2008 begangen werden) darf die erste anwaltliche Abmahnung nicht mehr als 100 Euro gegenüber dem Abzumahnenden betragen. Dies gilt dann, wenn es sich bei den Abgemahnten, wie in unserem Fall, um eine Privatperson und um einen "einfach gelagerten Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs" handelt, wie ebenfalls in unserem Fall und unserer bescheidenen Meinung nach, der Upload eines geschützten Fotos in Internet-Qualität. 

2 - Streitwert 

Der Gegenstandswert für eine Abmahnung auf Grundlage einer Urheberrechtsverletzung bemisst sich nach dem Interesse des Verletzten. Dabei ist zu berücksichtigen, welchen Gewinn der Inhaber mit der eigenen kommerziellen Verwertung seiner Rechte erzielen kann.
Kann Herr ... tatsächlich auch nur theoretisch einen solchen Betrag mit diesem Bild erzielen, wenn es auf der In-memoriam-Seite einer Freizeit-Musik-Gruppe Verwendung findet? 

3 - Schadenersatz wg. unterbliebener Urhebernennung 

Keiner der von Google gelieferten Abbildungen der Arbeit von Herrn ... ist der Autor zu entnehmen. Bei bestem Willen hätten wir ihn – vor Ihrer Abmahnung – also nicht angeben können. Wie rechtfertigt sich daher ein Aufschlag zur Lizenzgebühr wegen fehlender Urhebernennung? 

4 - Hat der Rechteinhaber nicht auch die Schadenminderungspflicht zu beachten? 

Musste Herr ... als Berufsfotograf unabdingbar – etwa weil es sich um den ersten Fall einer seine Rechte verletzenden Nutzung eines seiner Arbeiten aus dem letzten Jahrhundert handelte – einen Anwalt zur Prüfung seiner Ansprüche hinzuziehen?

Das erscheint uns bei der Menge von Arbeiten, die er über seine Agentur im Internet anbietet und über den langen Produktionszeitraum hinweg, entschieden unwahrscheinlich. 

5 - Was zwang Sie zu Ihrer Berechnung einer 1,3 Geschäftsgebühr? 

Welcher besondere Aufwand war in diesem Fall nötig? Das Impressum unserer Seite enthält und liefert auf Klick alle notwendigen Angaben. 

Mit der Bitte um Berücksichtigung unserer nicht gerade üppigen Mittel und auch der Tatsache, dass dies für uns der erste Fall einer Abmahnung ist, bitten wir Sie nochmals um eine wohlwollende Überprüfung Ihrer Forderungen. 

Mit freundlichen Grüßen, Elke und Karlheinz Damerow

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3. Februar 2009, Anruf des Anwalts:

So einfach sei das ja alles nicht mit der Gebührendeckelung, auch nicht mit dem verbreiteten Vorwurf, Anwälte würden sich an dieser Rechtslage billig bereichern. Schließlich lebe der Fotokünstler ja von seinen Arbeiten.

Er könne uns aber dennoch entgegen kommen, indem er den Aufschlag auf die Lizenzgebühr wg. Nichtnennung des Autors sowie seine Honorarforderungen etwas kürze.

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"Mehr als einen halben Tausender Euro für eine 346 Pixel breite Bilddatei eines sw-Fotos? - Glück!"

In Analogie zu Wolfgang Neuss' 1945 erzählte Politpointe:

"Da wir gerade davon sprechen. Die Engländer sind ja feine Leute, alles was recht ist... Sehen Sie mal, was machen die Engländer neuerdings? Schon gehört? Die fahren mit Ihren Schiffen ins Bikini-Atoll. Da haben sie Schweine drauf. Und natürlich Engländer. Jetzt kommt's: erst schmeißen sie die Schweine ins Wasser, dann werfen sie eine Atombombe. Wissen Sie was passiert? Ein Teil der Schweine geht unter, die anderen Schweine fahren wieder nach Hause..."

Dafür erhielt Neuss wegen Verächtlichmachung der Besatzungsmacht ein halbes Jahr Gefängnis. Noch später schwärmte er:

"Ein halbes Jahr für einen Witz? - Glück!"

Wohl weil die Analogie doch reichlich schräg ist und mit Abstand keiner an solch einen Kopf heranreichent: Mit dem Wort "Glück" finden wir - ehrlich gesagt, sogar für eine Datei die ihn darstellt und sogar in dieser "Größe" - die Höhe der Abmahnung für ihre nicht genehmigte Verwendung auf unser Seite nicht so ganz treffend beschrieben. Versuchen wir's mal mit zynischer Ironie? Haut wohl besser hin.

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Wir haben die Gesslerhüte gegrüßt - sprich eine 5001,00 Euro bewehrte Unterlassunge-Erklärung - und eine Verpflichtungs-Erklärung unterschrieben - den Wegelagerer-Zoll, die Lizenzgebühren inclusive Aufschlag sowie die Anwaltsgebühren des Fotografen zu übernehmen.

So etwas nennt man wohl Lehr- oder Lern-Geld?!... Und eine äußerst effektive Maßnahme zur Beseitigung von Langeweile: Alle Seiten mit ähnlich gefährdendem Material sind zu überarbeiten.

Es bleibt dabei:

Das in Deutschland derartig praktizierte Urheber-"Recht" erlaubt im Internet eine unverschämte Abzocke - zumindest in unserem Fall, einer nur Geld kostenden, - selbst für einen Blinden mit Krückstock - alles andere als kommerziellen Seite.

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Elke und Karlheinz

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